Mittagessen mit den lieben Kollegen…

In der Schweiz wird Mittagspause gemacht. Wir gehen mit unseren Teamkollegen essen: In ein kleines Restaurant um die Ecke oder in die firmeneigene Kantine. Zeit, sich über das Wochenende auszutauschen, über den neusten Klatsch mit der Kollegin aus der anderen Abteilung zu plaudern oder noch schnell die wichtigsten Punkte für das nächste Meeting zu besprechen.

Das ist nicht überall so – in den Niederlanden wird am Arbeitsplatz schnell ein Käsebrot verdrückt, in Spanien wird Siesta gehalten und bei den Schweden wird doch tatsächlich auf «Lunch-Beat»-Partys getanzt.

Doch vielleicht kennen Sie wie ich die absoluten Mittagessen-verderber-Menschen. Hier sind die vier wichtigsten Typen:

1. Der vegetarische Welt-Verbesser (m/f)

Der normale Vegi war gestern. Heute ist man nicht nur Vegi, weil man Mitleid mit den armen Tierchen hat. Man ist Vegi, weil Vegetarier die besseren Menschen sind. Punkt. Fleischfresser sind verantwortlich für die Zerstörung der Welt. Durch sie geht die Ozonschicht kaputt, die armen afrikanischen Kinder leiden an Hunger, weil alles Getreide nach Europa in die Viehfutterproduktion geht und, und, und… Sie kennen das vielleicht. Dabei wollten Sie doch nur ausnahmsweise das ungarische Rindsgulasch kosten, weil Sie das zu Hause nie kochen würden. Stattdessen hören Sie sich an, wie der Vegi von seinen neusten Erfahrungen als Veganer berichtet, und wie toll Mandelpaste und Kokosmilch doch schmecken würden.

Mein Tipp: Fangen Sie nicht an, über den ökologischen Fingerabdruck der importierten Kokosnuss oder den riesigen Mandelfarmen in den USA zu sprechen. Dann ist der Mittag endgültig im Eimer.

2. Der nimmer-endene Nörgeli (m/f)

Es fängt schon bei der Menüauswahl an – entweder kann er sich nicht entscheiden oder es ist einfach nichts Anständiges dabei. Weiter geht es mit der Essensausgabe: Zu wenig Gemüse, zu viel Sauce, der Stocki lieblos auf den Teller geklatscht. Beim Essen geht die Kritik weiter. Zu wenig Chnobli, die Sauce ist nicht gut passiert – und überhaupt, welche Qualität hat denn das Fleisch? Nächstes Mal, so die abschliessende Feststellung, solle man wieder zum Chinesen gehen – wobei, da war doch was… oder zum Libanesen… oder…

Mein Tipp: Murmeln Sie ab und zu etwas undefinierbares – wenn Sie nicht zustimmen, hat er oder sie das Gefühl, dass Sie eine kulinarische Banause sind. Wenn Sie zu oft zustimmen, werden Sie am Ende gar noch überzeugt, in die Küche zu gehen, um sich zu beschweren…

3. Der Extrawurst-Querulant (m/f)

Die Beilage von Menü eins wird kombiniert mit der Sauce von Menü drei, das Putenschnitzel muss ausgetauscht werden, da das erste etwas vertrocknet aussah und vom Gemüse darf’s gern etwas mehr sein – aber halt, etwas mehr Tomaten, nicht nur Rüebli. Oh – die Frage: «Ist das Fleisch auch schön zart?» darf nicht fehlen. Welche Antwort wird denn da erwartet? Also ehrlich.
Kaum haben Sie die Peinlichkeit der Essenausgabe überstanden, setzen Sie sich, zufrieden mit Ihrem Menü, auf den nächsten freien Platz. Doch da kommt schon der Kollege und flötet: «Lass uns doch ans Fenster gehen, ist ja mega dunkel hier.»

Mein Tipp: Schultern zucken und ja nicht nachdenken, dass man selber auch gerne Reis statt Gnocchi gehabt hätte und dass das Gemüse wirklich ein bisschen wenig ist.

4. Der belehrende Besserwisser (m/f)

Kalorien zählen war gestern. Er oder sie weiss genau, welche Nahrungsmittel regional, saisonal und gesund sind. Alles andere kommt nicht auf den Teller.  Da die Person ihre Erleuchtung erst gerade kürzlich hatte, ist das Mitteilungsbedürfnis dementsprechend gross. Natürlich würden Sie auch keine Erdbeeren an Sylvester kaufen, aber den ganzen Winter nur Kohl und Rüben?

Mein Tipp: Geniessen Sie Ihre Pasta (aus Italien) mit Tomaten (aus Spanien), und Parmesan (aus Italien) trotzdem, während Ihr Gegenüber im aufgewärmten Kohl-Kartoffelauflauf stochert. Insgeheim nehmen Sie sich natürlich vor, beim nächsten Einkauf ein bisschen aufzupassen.

Aber Halt: Trotz einiger unvermeidbaren Schwierigkeiten ist der Mittag doch eine wichtige Sache. Durcharbeiten senkt nur die Produktivität und zahlt sich am Ende nicht aus. Sich abzuseilen, um Sport zu machen oder Siesta zu halten  ist vielleicht manchmal eine schöne Idee, aber nicht empfehlenswert. Das gemeinsame Mittagessen ist wichtig für’s ganze Team. Endlich kann man im informellen Rahmen noch einige Punkte besprechen. Oder der Kollege kann sich kurz entschuldigen, dass er vorher so gereizt war – aber seine Kleinen hätten die ganze Nacht nicht geschlafen und er ist mit den Nerven am Ende.

Ganz richtig verstanden, die Mittagspause ist ein unverzichtbarer Ort für’s Team-Building.

Janine Wolf