Chefsache

Die grössten Fehler, die lehrreichsten Erkenntnisse.

Ob der Chef zum Team passt ist reiner Zufall. Genau gleich, wie es im Fussball Zufall ist, ob der Trainier zur Mannschaft passt. Der einzige Unterschied: Im Fussball ist es einfacher, den Trainer auszuwechseln als die ganze Mannschaft. Das sagte mal ein Teamchef zu mir, der seinen eigenen Verlag leitet und gleichzeitig Chefredaktor ist. Ich fand seine Worte sehr treffend. Spielt eine Mannschaft schlecht, hat der Trainer spätestens nach dem dritten Spiel alles verbockt. Keiner fragt, ob es an der Konstellation von Mannschaft und Trainer liegt und die Chemie zwischen den beiden Seiten einfach nicht passte.

Der Mensch im Chef
Zugegeben: Fussball ist nicht mein Spezialgebiet. Hingegen habe ich bereits einige Teamchefs beobachtet und von Mitarbeitern aus mir fremden Bereichen Geschichten angehört. Es stellte sich heraus: Teamchefs sind Menschen. Diese Erkenntnis wirbelte mein Weltverständnis mindestens so stark durcheinander wie mich damals mit ca. 20 Jahren erschütterte, dass meine Eltern auch nur Menschen sind. Tja so ist das. Wir sind alle nur Menschen und ob zwei Menschen, ein Arbeitsteam oder eine Fussballmannschaft zusammenpasst, ist nicht nur Zufall sondern und vor allem auch eine Frage der einzelnen Teamplayer.
Mühsam wird es erst dann, wenn die Kompetenzen unklar verteilt sind. Natürlich kann ein Teamchef versuchen, seine Mitarbeiter zu Entscheidungsträgern zu machen. Wenn diese sich jedoch nicht kompetent genug fühlen, werden sie warten, bis der Chef ins Nest zurückkommt und ihn fragen, was sie tun sollen. So erlebt im obigen Beispiel aus der Redaktion. Das ist für beide Seiten mühsam und verzögert die Arbeit.

Der Entscheidungslose
Es gibt Teamchefs, die selber keine Entscheidungen treffen können, weil sie sich sehr unsicher fühlen. Das führt zu ewig langen Diskussionen, die dann das ganze Team in Mitleidenschaft ziehen, nerv- und zeitraubend sind. Zu dieser Sorte gehören auch Teamleader, die es allen recht machen wollen und sich beim Team lieber einschmeicheln statt dasselbe zu führen. Sie werden meines Erachtens früher oder später verlieren. Denn egal wie beliebt sie sind bei ihren Mitarbeitern, den nötigen Respekt werden sie nie bekommen. Wir haben hier vermutlich den klassischen Fall, bei dem man besser einen Leiter hat statt eines Chefs. Jemanden, der die Sitzungen zwar führt, der den Überblick behält und lobt oder rügt, aber am Ende das ganze Team demokratisch entscheiden lässt. Jede Stimme ist gleich gewichtet. Jeder weiss genau, dass seine Meinung zählt und bei der Lösung gefragt ist und weil dies so klar festgelegt ist, funktioniert es auch. So erlebt, als ich für die Zürcher Studierendenzeitung schrieb. Ich glaube es war das bestfunktionierende Team das ich je erlebt habe (und wir arbeiteten alle gratis).

Der Knechtische
Die schlimmsten Chefs, die ich je erlebt habe, sind jene die so autoritär daher kommen, dass man die ganze Zeit das Gefühl hat, alles falsch zu machen und bald einen «Zämeschiss» zu bekommen. Tatsächlich machte ich Fehler vor lauter Angst, etwas falsch zu machen. Hinzu kam, dass mir die anderen Mitarbeiter, mit denen ich kaum viel zu tun hatte, leid taten. Sie gaben ihr Bestes und bekamen nie ein Lob. Damals dachte ich nur: sollte ich je ein Team leiten dürfen, will ich nie so werden.

Das gute Beispiel
Nun stellt sich immer noch die Frage, was denn einen guten Chef ausmacht. Natürlich vorausgesetzt, die Chemie im Team stimmt. In der NZZ von gestern (16./17. 6. 2012) las ich ein Interview mit Riet Grass, CEO und Gründer von Grass & Partner AG. Der Titel des Interviews lautete «Manager sollten mehr Intuition und Gefühl zulassen.» Im Interview erzählt Grass, auf was es bei der Führungsverantwortung ankommt. Unter Anderem sind dies: Verantwortungsbewusstsein, Entscheidungsfähigkeit, Kommunikation und Nachhaltigkeit. Es wäre jetzt aber vermessen von mir, die Erkenntnisse dieses Mannes hier einfach preis zu geben und quasi als eigene Lorbeeren zu verkaufen.

Leider ist das Interview noch nicht Online. Das sollte aber in den nächsten Tagen geschehen und dann wird es unter http://news.nzzexecutive.ch/magazin/33-fragen abrufbar sein. Für alle, die mal eine Leadershipfunktion übernehmen wollen oder bereits Teamchef sind, lohnt sich diese Lektüre – unterhaltsam, lehrreich, motivierend.

Sabina Galbiati