Frauenquoten – das Gebot der Stunde?

Frauen in der Chefetage? Ja - aber ohne Quote

Ich kann nicht anders. Auch ich muss meinen Senf zur Frauenquote dazugeben. Plötzlich ist sie wieder brandaktuell. 35 Prozent Frauen in Kaderpositionen: So lautet die Vorgabe, die das Berner Stadtparlament seiner Exekutiven vorschreibt. Damit ist ein historischer Schritt getan.

Nicht nur in der Politik und in Schweizer Unternehmen wird über die Frauenquote diskutiert. Auch im Sport gibt es sie neuerdings. Bei der grössten Snowboard Freestyle-Show Europas durften Frauen starten ohne die Qualifikation zu durchlaufen – als Quotenfrauen. Sie waren erfolgreich, die Männer nahmen’s gelassen oder freuten sich gar über die weiblichen Vertreter des Sports.

Quoten sind, so scheint es, von vielen gewünscht. Erfolgsgeschichten dazu gibt es auch. Der Widerstand dagegen aber ist enorm. Wieso eigentlich?

Wenn wir für Quoten sind, könnten wir das Argument Gleichberechtigung ins Unendliche ziehen. Wie schaut es mit Homosexuellen und Angehörigen anderer Religionen aus? Sollte es gar eine Quote geben, die das Alter reglementiert? Bald hätten wir eine Quote für Religionen, Behinderte, Ethnien und Altersgruppen.

Andere finden ein weiteres Argument. Qualität solle vor Quantität kommen, heisst es da. Frauen in Spitzenpositionen würden abschätzig als Quotenfrauen bezeichnet. Man würde fähigen Frauen keinen Dienst erweisen, wird argumentiert.

 Auch ich glaube, dass Quoten langfristig nichts regeln können. Dennoch ist ein gewisser Push nötig. Ein Push, der Gesellschaft und damit Unternehmen sensibilisiert. Wir müssen uns fragen, warum es in unserer Gesellschaft soviel Hochschulabsolventinnen gibt, aber vergleichsweise wenig Frauen in Kaderpositionen.

Doch der Push darf sich nicht allein auf Frauen beschränken. Diversity ist das Gebot der Stunde und viele Unternehmen reagieren bereits. Weil sie gemerkt haben, dass Diversity gut tut. Diversity heisst im Moment vor allem, Abschied zu nehmen von einer rein weissen, männlichen Geschäftsetage.

Nur so können sich Unternehmen langfristig auf ihre Kunden einstellen. Das Beispiel von IBM hat gezeigt, wie Diversity funktioniert – da die Gründe dafür letztendlich ökonomischer Natur sind (man will seine Kundinnen und Kunden schliesslich verstehen) klappte es mit der Diversity ganz von allein.

Eine Quote kann am Ende mehr Schaden als Nutzen anrichten. Die Diskussion darüber finde ich aber dennoch wichtig – sie gibt den Push, der wichtig ist. Der Rest kommt dann von alleine, da bin ich zuversichtlich.

Das hat uns nicht zuletzt auch die Schweizer Politik gezeigt: Ich als Frau bin froh, dass unsere Bundesrätinnen keine Quotenfrauen sind.

Janine Wolf